Dichotomie der Nester

Das Projekt Dichotomie der Nester erzählt Schicksale Schlesiens und seiner Bewohner seit den 70er Jahren des XX. Jahrhunderts. Es zeigt die dramatische Spaltung der schlesischen Familienverbände aufgrund der massiven Auswanderungswelle in die Bundesrepublik Deutschland, die sich während dieser Zeit vollzog.

Dieser Prozess führte zur Teilung von Familien, Ehegatten wurden getrennt, Eltern von Kindern, Großeltern von Enkeln und Geschwistern. Mitglieder derselben Familien lebten in zwei verschiedenen politischen Systemen, in verschiedenen Staaten, in verschiedenen Kulturräumen und Sprachen, was vor allem vor dem Fall des Eisernen Vorhangs eine Kraftprobe für die Stabilität der familiären Bindungen bedeutete. Obwohl der Beitritt Polens zur Europäischen Union und die damit verbundene größere Mobilität zur Erleichterung des Funktionierens von geteilten Familien beigetragen hat, beschränken sich die Kontakte zwischen deren Mitgliedern in erster Linie auf kurze Sommerferien- oder Weihnachtsbesuche, so dass die Lücke, die die Auswanderer hinterließen, nicht geschlossen werden kann.

Die Autorin stammt selbst aus einer durch die Emigration geteilten Familie und spricht in diesem Projekt aus Erfahrung: Sie kennt die Methoden trotz allem miteinander in Kontakt zu bleiben und das Funktionieren der Familie als Ganzes, nicht nur bezogen auf große räumliche Entfernungen, sondern auch auf eine lange Zeitskala.

Die Fotografien von Dichotomie der Nester wurden in häuslicher Umgebung aufgenommen, im privaten Umfeld der Protagonisten und zwar in der Küche, also in einem Kontext, der mit familiärer Wärme assoziiert wird. Die Portraits wurden mit Hilfe der Lochkamera belichtet, einem archaischen Medium der Fotografie, der Kamera ohne Linse, der Camera obscura, was von den Porträtierten während der langen Belichtungszeit geduldiges meditatives Verharren vor der Kamera abverlangte. Die Einsamkeit dieser Brüder und Schwestern auf der einen und auf der anderen Seite der Grenze wird für den Betrachter deutlicher durch Präsentationen der Arbeiten in Stereoskopen, die wie Guckkästen den Besucher aus der Galeriesituation herausreißen und den Eintritt in die intime Welt der Porträtierten ermöglichen.

Das Projekt ist angestoßen worden durch die deutsch-polnische Künstlerinneninitiative SilesiaTopia im Frühjahr 2012, die es sich zum Ziel gesetzt hat Kunstaktionen und Ausstellungen zu den deutsch-polnischen Beziehungen zu organisieren sowie einen Künstlerinnenaustausch zu fördern.

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Dychotomie der Nester I – XV
Installation mit Stereolochkamerafotografien
in 16 Stereoskopen
2013

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… :: … Ausstellung in Rondo Sztuki in Katowice … :: …

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